Tipps für die Tiergesundheit von Mutterkühen bei Hitzestress

Die zwei letzten Jahre waren schwierig für die Mutterkuhhalter, geprägt durch große Hitze, Trockenheit und Futterknappheit. Worauf müssen Halter angesichts dieser veränderten Bedingungen bei ihren Tieren achten?

Wasser
In einer Hitzeperiode ist die Wasserversorgung der Mutterkuhherde von größter Bedeutung.
Eine Auswertung von 91 Betrieben, durchgeführt 2003 in Brandenburg vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, zeigte, dass nicht nur der Schatten entscheidend ist für das Wohlergehen der Mutterkühe, sondern von größter Bedeutung ist die Wasserversorgung. Grundvoraussetzung für eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser ist eine Anzahl von Tränkestellen, die angepasst ist an die Größe der Herde. Aus folgendem Grund: Ranghöhere Tiere saufen zuerst und ziehen dann weiter. Die rangniederen Tiere ziehen dem Herdentrieb folgend ebenfalls weiter, sodass die Gefahr besteht, dass diese Tiere unzureichende Wassermengen aufnehmen.

Rinder sind Saugtrinker
Rinder bevorzugen flache Tränkebehältnisse. Sie nehmen Wasser bevorzugt von einer freien Oberfläche auf, indem sie den Kopf in einem Winkel von ungefähr 60 Grad zur Wasserfläche halten. Zunächst tauchen sie das Flotzmaul mehrmalig einige Zentimeter in das Wasser
ein, um es zu testen. Erst dann saufen die Rinder in großen Zügen größere Mengen Wasser.

Bilder © DLR
Wasserbedarf
Der Wasserbedarf der Tiere ist abhängig von der Lebendmasse, der Leistung, dem Futterzustand und den klimatischen Bedingungen. Er liegt bei 3 – 7 Liter Wasser je kg Trockenmasseaufnahme. Daraus lässt sich ableiten, dass eine Mutterkuh zu Beginn der Säugeperiode und großer sommerlicher Hitze einen Wasserbedarf von bis zu 100 Liter je Tag haben kann.

Anordnung
Die Tränken sollten möglichst dezentral auf der Weide angeordnet werden, damit die Wege zu den Tränken nicht so weit werden. Dies hat den positiven Nebeneffekt eines gleichmäßigen Abweidens der Fläche.

Schutz vor Sonne und Hitze
Weitere Untersuchungen belegen, dass die Tiere bei hohen Temperaturen unter Hitzestress leiden, in Abhängigkeit von Faktoren wie Alter, Rasse, Nutzungsrichtung, Nutzungsintensität und Haarkleid. Es ist sehr schwierig, konkrete Grenzwerte von klimatischen Bedingungen im Sommer festzulegen. Denn für das Aufkommen von Hitzestress ist nicht nur die Temperatur und die Luftfeuchte von Bedeutung, sondern auch die Luftbewegung, da diese den Tieren einen gewissen Kühleffekt bringt. Temperatur und Luftbewegung sind abhängig von Lage und Landschaftsstruktur und können vor allem innerhalb großer Weideflächen stark variieren. Bei höheren Temperaturen bevorzugen die Rinder deshalb auf der Weide oft exponierte Standorte mit mehr Luftbewegung.
Um sicher zu gehen, dass die Tiere bei Bedarf jederzeit vor sehr starker und vor unangenehm empfundener Hitze Schutz suchen können, gilt es deshalb Vorsorge zu tragen und Schattenschutz bzw. Witterungsschutz bereitzustellen, den alle Tiere gleichzeitig nutzen können.

Dies sind Anzeichen für eine Wärmebelastung der Rinder:
● ein vermehrtes Stehen während der Ruhephasen
● ein häufigeres Stehen beim Wiederkauen
● ein Ausrichten der Körperachse parallel zur Sonneneinstrahlung
● eine gesteigerte Atemfrequenz > 40 Atemzüge je Minute
● eine erhöhte Wasseraufnahme


Bilder © DLR

Was gilt als Schattenschutz? Zum einem sind dies natürliche Schattenquellen auf der Weide, wie Sträucher, Bäume, Baumgruppen und Waldränder. Falls keine natürlichen Schattenquellen auf der Weide vorhanden sind, ist ein Wechsel auf eine Weide mit Schatten eine naheliegende Alternative. Sollte keine dieser Möglichkeiten vorhanden sein, muss für einen künstlichen Unterstand gesorgt werden, durch eine Schutzhütte, ein Sonnensegel oder eine „Raufe mit Sonnendach“ (s. Foto). Vorteilhaft ist ein großer Luftaustausch, durch fehlende Seitenwände, dies reduziert die Belästigung der Tiere durch Bremsen, Fliegen und Mücken.

Wichtig: wenn erforderlich, müssen für alle Tiere Schattenplätze zu Verfügung stehen.

Futterversorgung
Die Futteraufnahme geht bei hohen Temperaturen zurück, das vermindert die Energieaufnahme. Um das Energiedefizit im Rahmen zu halten ist ein ausreichendes Angebot an guter Weide notwendig!
Werden die Rinder aber zu spät aufgetrieben, verbeißen sie erst nur einen kleinen Teil der Fläche, während der Rest des Futters stehenbleibt und zunehmend altert. Dieser Weiderest ist keine Futterreserve, denn er wird auch dann nicht gefressen, wenn die Tiere nicht mehr satt werden. Mit einem richtigen Weidemanagement und einer angepassten Besatzdichte kann dagegen gesteuert werden.
Kann der Futterbedarf der Rinder wegen Trockenheit nicht mehr ausreichend durch den Weideaufwuchs gedeckt werden, muss zusätzlich Futter angeboten werden. Für das angebotene Futter müssen Fütterungseinrichtungen zur Verfügung stehen, um die Futterverluste zu reduzieren. Nur durch eine angepasste Fütterung können der Ernährungszustand und die Gesundheit der Herde gesichert werden.
Die Klimaveränderungen erfordern Anpassungen und Veränderungen beim Management. An vorderster Stelle stehen Tierwohl und Tiergesundheit, hier ist unbedingt erforderlich, das Handeln an die extreme Hitzebelastung der Tiere anzupassen.

Werner Baumgarten, DLR Westerwald-Osteifel
Veterinärabteilungen der Kreise Altenkirchen, Neuwied und Westerwaldkreis, Landesuntersuchungsamt und DLR


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